Skip to main content

Weiterhin ein lohnenswertes Ziel: DIE SCHATZINSEL in Fulda

2015 nahmen spotlight Musicals ihre Besucher mit auf eine spannende Reise, die auf den ersten Blick untypisch für die Fuldaer Produktionsfirma war. Nach historischen Persönlichkeiten verließen sie ihr gewohntes Terrain und widmeten sich der bekannten Piratengeschichte DIE SCHATZINSEL von Robert Louis Stevenson. Doch die Tatsache, dass in der Fantasie des Autors keine Liebesgeschichte enthalten ist, die für Dennis Martin und Peter Scholz aber Pflichtbestandteil eines guten Musicals sind, führte die beiden auf eine weitere spannende Reise durch das Leben des Autors. Sie verknüpften den Roman aus dem Jahre 1883 intelligent mit dem kurzen Leben des Schriftstellers und kombinierten beide Reisen mit abwechslungsreicher Musik. So schafften sie weit über einhundert Jahre nach Veröffentlichung der Schatzinsel ein weiteres Meisterwerk, das derzeit wieder im Schlosstheater der Barockstadt Fulda zu sehen ist.


Louis Stevenson (Friedrich Rau) wurde 1850 in Balfour, Edinburgh als einziger Sohn eines Ingenieurs (Reinhard Brussmann) geboren. Dieser erwartet von seinem Sprössling Anwalt zu werden, doch der kreative Kopf hat ein anderes Ziel. Er wiedersetzt sich und reist nach Frankreich um Schriftsteller zu werden. Dort trifft er auf die alleinerziehende Mutter Fanny Osbourne (Anna Thorén). Die beiden verlieben sich und Louis beginnt für Fanny’s Sohn Lloyd (Anna Eichler) durch diesen inspiriert eine Piratengeschichte zu schreiben.

DIE SCHATZINSEL ist ein sehr anspruchsvolles Werk. Nicht nur für den Zuschauer, vielmehr auch für die Darsteller, die fließend zwischen der Vita des Autoren und ihren Ebenbildern in der Fantasiegeschichte agieren. Ein kleiner Fehltritt und die Handlung würde ins Stocken geraten. Der Besucher erhält hierzu Hilfen, um der Geschichte stets folgen zu können. Bühnenfüllende Projektionen mit Ort- und Zeitangaben, sowie Kostüme der Darsteller nehmen den Zuschauer stets mit durch die dramaturgisch steigende Handlung, bis sich dieser am Ende selbst in einer Höhle der Insel wiederfindet, wenn sich die Piraten an den Gängen des Zuschauerraumes gegenüber stehen und den Schatz suchen. Nicht nur in dieser Szene weiß das Musical zu überraschen. Auch ein Hauch JEKYLL & HIDE ist zu spüren, wenn Louis Stevenson am Ende ein weiteres Gesicht zeigt. Kein Wunder, denn auch diese Geschichte stammt aus der Feder des Autoren.

Das Bühnenbild besteht häufig aus einer Drehbühne mit umschließenden Seitenteilen, die zusammen geschoben das große Schiff „Hispanola“ darstellen. Auf ihr finden die Piraten bis zur Bühnendecke Platz. Der drehbare Mittelteil ist mit einer weißen Projektionsfläche ummantelt, der auch für blitzschnelle Ensemble-Wechsel zwischen den Ebenen genutzt wird. Insgesamt ist die Konstruktion nicht sonderlich beeindruckend, sorgt aber funktional für einen schnellen Ablauf auf der vergleichsweise kleinen Bühne des Schlosstheaters. Gut gelungen sind auch Wechsel über die Bühnenhälften, bei denen die Vorhänge halbseitig wie eine Flagge herabgelassen werden.

Musikalisch zeigt Komponist Dennis Martin bei diesem Musical sein herausragendes Talent. Von mitreißenden Balladen bis hin zu epischen Piratenklängen findet hier jeder Besucher seinen persönlichen Ohrwurm.

Dargeboten werden diese von einem erstklassigen Cast, der der Erstproduktion ähnelt. Friedrich Rau schlüpft erneut in die Hauptrolle und zeigt kurz nach der Derniére als DER MEDICUS seine Wandlungsfähigkeit als „Louis Stevenson“, „Dr. Livesey“ und „Ben Gunn“. Sein charismatischer Gesang führt gewohnt brillant durch die Handlung. Ihm zur Seite steht wieder Anna Thorén, die als  „Fanny“ und „Mrs. Hawkins“ mit engelsgleicher Stimme die mitreißenden Balladen gekonnt präsentiert. Die Rollen des „Vaters“ und „Captain Smollett“ füllt erstmals Reinhard Brussmann mit seiner starken Präsenz und herrschendem Gesang gut gewählt aus. Auch in diesem Jahr ist es wieder eine Freude Andreas Lichtenberger als „Silver“, „Captain Flint“ und „Sam“ zu sehen. Er hat sichtlich Spaß als Pirat zu agieren und begeistert das Pubklikum. Und auch Frank Logemann als „Hands“ und „Bones“ präsentiert „seine“ Piraten in Perfektion. Last but not least ist mit tosendem Applaus Anna Maria Eichler hervorzuheben:  Das 12-jährige Mädchen spielt so professionell, das kein Unterschied zu den erfahrenen Bühnenprofis zu bemerken ist. Absolut authentisch und und auch gesanglich überzeugend zeigt sie die anspruchvollsten Kinderrollen der spotlight Werke „Lloyd“ und „Jim“ mit nachhaltigem Eindruck. Insgesamt stehen 25 Darsteller auf der Bühne, die allesamt unterschiedliche Rollen in gewohnter spotlight Musicals-Perfektion mit aufwendigen Choreographien (Michal Mataj) und tollen Kostümen (Andrea Kucerová) darbieten.

So ist DIE SCHATZINSEL weit mehr als nur eine Piratengeschichte. Sie ist Fantasiespektakel und Vita zugleich, zeigt facettenreich das Talent der Darsteller und des Komponisten und lässt durch seinen intelligenten und dramaturgisch steigenden Handlungsverlauf keine Wünsche offen.

Bis zum 2. September  wird DIE SCHATZINSEL noch in Fulda aufgeführt. Wer das abwechslungsreichste Werk von spotlight Musicals noch erleben möchte, sollte diese Chance nutzen. Im kommenden Jahr pausiert es wieder und lässt der PÄPSTIN, dem MEDICUS und open air BONIFATIUS den Vorrang.


Fotos: Michael Eloy Werthmüller